Andreas Arndt

Invitation card Hand in Hand, Städtische Galerie, Karlsruhe, Germany, 2019

andreas arndt
Andreas Arndt hand in hand

Hand in Hand, snapshots film-set

Andreas Arndt hand in hand
Andreas Arndt hand in hand

Hand in Hand, Städtische Galerie, Karlsruhe, Germany, 2019

In seiner Ausstel­lung HAND IN HAND in der Städti­schen Galerie ­Karls­ruhe erforscht Andreas Arndt den Einfluss des Hapti­schen auf die mensch­li­che Intel­li­genz und damit auch auf die Kunst. Die Schau findet im Rahmen der Vergabe des Kunst­prei­ses der Werner-Stober-Stiftung 2018 statt. Aus diesem Anlass entwi­ckel­te ­der Künstler diverse Versuchs­an­ord­nun­gen und ein Symposion, das in einem experi­men­tel­len Setting stattfand. Im Format “Aus­stel­lung” führt der Künstler die im Rahmen des Projekt­s ent­stan­de­nen Zeich­nun­gen, Objekte und eine Video-Dokumen­ta­tion ­des Symposions zusammen.
Am Anfang stand die Frage, in welchem Verhältnis Hand und Gehirn ­zu­ein­an­der stehen, wie sich Haptik und Denken wechsel­sei­tig ­be­ein­flus­sen. Die Ausstel­lung HAND IN HAND greift dieses ­Phä­no­men auf. Vorlage der Arbeit von Andreas Arndt ist eine ­Ver­suchs­an­ord­nung des Neurologen Prof. Dr. Olaf Blanke an der Po­ly­tech­ni­schen Univer­si­tät in Lausanne, in der Out-of-Body-Experi­ences erzeugt werden. Für die Ausstel­lung ­baute er drei unter­schied­li­che Appara­tu­ren, die eine ­selbst­be­stimmte und zugleich medial vermit­telte Berührung des ei­ge­nen Rückens ermög­li­chen. Professor Blanke wurde zu dem in­ter­dis­zi­pli­nären Symposion eingeladen, das jedoch in einer an­de­ren Version realisiert wurde. An die Stelle der akade­mi­schen ­Ver­an­stal­tung trat ein Gespräch, das selbst zum Experi­ment wurde. Es fand auf einer Drehbühne statt, einige Teil­neh­mer*in­nen wurden durch Puppen vertreten. In der Mitte des Ti­sches rotierte eine Kamera, wodurch die Aufzeich­nung einer ei­ge­nen Logik folgt.
Die Resultate der verschie­de­nen Projekt­schritte finden in der Aus­stel­lung eine Verdich­tung und machen sie intel­lek­tu­ell wie sinn­lich erfahrbar. Die für das Symposion verwendete Drehbüh­ne ­mar­kiert den Ort der Debatte. In der Ausstel­lung dient sie mit dem darauf stehenden Tisch als Sockel für den Projektor, der die Auf­zeich­nung des Symposions als Bild an die Wand wirft. Die drei von Andreas Arndt gebauten mecha­ni­schen Apparate, die der in­di­rek­ten Selbst­be­rüh­rung dienen, lassen sich als Modelle für die Idee des Kunstwerks verstehen.
Andreas Arndt spielt in seinem Werk bewusst oder unbewusst mit Er­war­tun­gen. Das Experiment ist norma­ler­weise ein wis­sen­schaft­li­ches Verfahren, das nachprüf­bare Ergeb­nis­se er­ge­ben soll. Der Künstler schafft mit seinen ­Ver­suchs­an­ord­nun­gen reale Situa­tio­nen, die jedoch ins Irrea­le kip­pen. Auf diese Weise kann ein gedank­li­cher Raum entstehen, in dem Kunst statt­fin­det. Mehrdeutig ist auch der Titel HAND IN HAND, der nicht nur das Thema der Ausstel­lung aufnimmt, sondern auch die Arbeits­weise des Künstlers reflek­tiert. Die Drehbüh­ne etwa entwarf er gemeinsam mit dem Künstler und Me­dien­wis­sen­schaft­ler Thomas Schlereth. Beide moderier­ten auch das Symposion.
Andreas Arndt arbeitet in langfris­ti­gen Projekten, die Verfah­ren ­der Forschung adaptieren, aber immer handmade sind und das Schei­tern des Experi­ments in Kauf nehmen. Der Künstler geht Fra­gen nach, die sich um das Phänomen Kunst drehen, aber auch wis­sen­schaft­lich Relevanz haben können. Schon seit länge­rem ­in­ter­es­siert er sich für die Bezie­hun­gen zwischen Hand, Werkzeug und (künst­li­cher) Intel­li­genz. Der Mensch gestaltet die Welt nicht mehr mit den Händen, durch die digitalen Medien dringen ­künst­li­che Elemente in die Selbst­wahr­neh­mung ein. Der Künst­ler fragt, welche Wirkung diese Entwick­lung auf die evolu­tio­när ­be­deut­same Verbindung von Hand und Gehirn haben.
Die Versuchs­an­ord­nun­gen Arndts zielen jedoch nicht auf die Be­ant­wor­tung konkreter wissen­schaft­li­cher Fragen. Es geht viel­mehr darum, den Raum für Fragen offen zu halten. Im Gespräch ­sagte er einmal, er nehme sich alle Freiheiten, um Lösungen für seine Projekte zu finden. Er stellt das Selbst­ver­ständ­li­che in Frage, vermeidet den “Wett­be­werb der Dinge”, Perfektion und Vollen­dung in der Ausführung. In seinem Werk machen vielmehr An­deu­tun­gen und Verweise den eigent­li­chen Körper der Arbeit aus. Alles ist im Prozess und könnte morgen unter anderen Vorzeichen eine veränderte Gestalt annehmen. Der Künst­ler lotet die Räume zwischen den Gewiss­hei­ten aus.
Carmela Thiele
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